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Sonntag, 26. Juli 2015

Im Copacabana & Südamerika-Flash *** Die Odyssee von Chávez’ Leichenwagen



Die Odyssee von Chávez’ Leichenwagen

Andreas Fink aus Buenos Aires am Donnerstag den 23. Juli 2015Es gibt Branchen, in denen man schlecht einfach mal Nein sagen kann. Etwa im Bestattungswesen, wo es um letzte Wege und manchmal auch letzte Wünsche geht. Nun gut, Fernando Arango hat Ja gesagt, damals. Und das hat er seither beinahe täglich bereut.


Sein Unternehmen, die Funeraria San Vicente, ist ein bedeutender Bestattungsbetrieb aus Medellín. In dieser kolumbianischen Metropole, lange die Mordhauptstadt des Planeten, gibt es viel zu tun. Anfang März 2013 erreichte den patrón ein Anruf aus dem Nachbarland Venezuela, von einem Branchenkollegen. Dieser war auf der verzweifelten Suche nach einem Leichenwagen, der erstens ein Luxusfahrzeug sein musste und zweitens vollverglast. Das Gefährt wurde gebraucht, um den soeben verschiedenen comandante Hugo Chávez durch Caracas zu kutschieren, möglichst sichtbar für die Massen.
Weil in ganz Venezuela kein so grosses und edles Vehikel aufzufinden war, sagte Fernando Arango Ja. Er verlieh sein Prachtstück und verzichtete gar auf Bezahlung. Tags drauf kam eine Hercules der venezolanischen Luftwaffe und holte den Lincoln Town Car, Jahrgang 1998, ab. Zwei Tage später konnte Arango den Trauerzug im TV betrachten und beobachten, dass die kolumbianischen Nummernschilder fehlten. Dass «la carroza del comandante» aus Kolumbien kam, dem Chávez mehrfach den Einmarsch angedroht hatte, das wollten die Bolivarianer ihrem Volk nicht verraten. Es hätte wohl auch niemand erfahren, wäre der ganze Verleih korrekt abgelaufen.
Machen wir es kurz: Bis heute hat Arango seinen Lincoln nicht zurück.
Das Verhängnis begann damit, dass die Venezolaner den Wagen erst mal gleich ins Museum stellen wollten. Doch der Besitzer wollte sein Fahrzeug wiederhaben, denn es ist eine Sonderanfertigung, die man nicht einfach ersetzen kann. Nach einem halben Jahr Debatte brachten die Venezolaner das Vehikel in die Grenzstadt San Cristóbal und übergaben es an Arangos Fahrer. Doch die kamen nur ein paar Kilometer weit, bis der kolumbianische Zoll zugriff. Weil die Firma San Vicente nicht alle erforderlichen Exportpapiere beisammen hatte, galt die Rückfuhr nun als Schmuggel. Vergeblich waren alle Hinweise auf die Hektik nach dem Hinscheiden des Präsidenten, fruchtlos alle Verweise auf Versprechen der kolumbianischen Regierung, man werde die Rückkehr schon regeln. Niemand konnte die Kutsche dem Amtsschimmel ausspannen.
Ende Juni nun wurde der Leichenwagen des Hugo Chávez – gemeinsam mit anderem Schmuggelgut – vom kolumbianischen Zoll versteigert. Die Funeraria San Vicente durfte, auch das ist Vorschrift, nicht mitbieten. 114 Millionen kolumbianische Pesos erlöste der Zoll damit, das sind umgerechnet knapp 40’000 Franken. Der Käufer – ein branchenferner Spekulant – hat den Wagen nun seinem eigentlichen Besitzer zum Rückkauf angeboten. Weil Fernando Arango kein anderes Gefährt in dieser Qualitätsklasse auftreiben kann, hat er sich auf Verhandlungen eingelassen. Er wird einiges drauflegen müssen. Denn der Lincoln ist ja jetzt nicht irgendein Luxus-Leichenwagen, er ist la carroza del comandante.
Andreas Fink
Andreas Fink, Buenos AiresAndreas Fink wuchs auf im Voralpenland und studierte in Wien. Seit 2007 lebt er, fern aller Berge, in Buenos Aires und berichtet über Südamerika. Fast alle Länder des Subkontinents (noch fehlen die Guayanas) hat er bereist und dabei erkannt: Der beste Türöffner – ob am Amazonas oder in den Anden – ist ein solides Fussballwissen.

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